„Das Recht, Rechte zu haben“, „Das Wagnis der Öffentlichkeit“ oder auch „Kein Mensch hat das Recht, zu gehorchen“ sind Zitate der großen jüdischen Denkerin und politischen Theoretikerin Hannah Arendt. Drei Menschen haben mir jetzt schon die Hannah Arendt Ausstellung empfohlen, die noch bis Oktober 2020 im Deutschen Historischen Museum zu sehen ist. Ich habe es noch nicht dorthin geschafft, habe einen Besuch aber fest vor und zum Glück ja noch bis Mitte Oktober Zeit.
Derweil habe ich mit Freude diesen Blog von Heike Brunner gelesen, die auf Beziehungsweise weiterdenken ihren Eindruck vom Besuch der Ausstellung beschreibt.
Außerdem war ich begeistert, als ich bei Antje Schrupp zwei Blogposts über das politische Denken Hannah Arendts „ausgegraben“ habe. Der eine Text ist eine biografische Einführung in Leben und Theorie Hannah Arendts. Antje Schrupp schreibt hier: „Hannah Arendts zentrale politische These, die sie in der Vita Activa entwickelt hatte, ist die von der Pluralität der Menschen als Grundlage politischen Handelns: Weil wir alle Geborene sind, als einzigartige Wesen in diese Welt getreten, gibt es jederzeit die Möglichkeit eines neuen Anfangs. Die Unterschiedlichkeit der Menschen, die in der Politik miteinander verhandelt wird, ist die Grundlage jeder menschlichen Gesellschaft und ihre wichtigste Ressource. Noch heute – fünfzig Jahre später – sind Arendts Analysen von höchster Aktualität, wenn sie etwa das bevorstehende Ende der Arbeitsgesellschaft beschreibt oder die innere Leere und Sinnlosigkeit einer Gesellschaft, die den Konsum zu ihrem Zentrum macht.“
Im zweiten Beitrag geht Schrupp der Frage nach, warum Hannah Arendt sich eigentlich nicht für den Feminismus interessiert, ja, sich sogar von ihm distanziert hat. Und warum auch Feminist*innen im deutschsprachigen Raum sich lange Zeit nicht mit ihrem politischen Denken befasst haben. Beides Fragen, die mich schon länger umgetrieben haben und auf die Antje Schrupp plausible Antworten vorschlägt, wie ich finde. Hier führt sie u.a. aus: „Sie hat sich zwar geweigert ‚als Frau‘ zu sprechen, sehr wohl hingegen hat sie ‚als Jüdin‘ gesprochen. Interessant ist dafür die Begründung: Und zwar war sie der Meinung: ‚Wenn man als Jude angegriffen wird, muss man sich als Jude verteidigen, nicht als Deutscher oder als Bürger der Welt oder der Menschenrechte oder so‘ (…)“.
„Sind aber nicht auch die Frauen ‚als Frauen‘ angegriffen worden?“ fragt Schrupp weiter „Und wäre das nicht eine Begründung des Feminismus im Sinne von Hannah Arendt? Nicht wegen dem ‚Wesen‘ des Frauseins, sondern wegen dem Weltbezug? (…) Oder gibt es auch noch eine andere Erklärung? Ich glaube, ein entscheidender Faktor liegt darin, dass Arendt in ihrem Frausein – auch aus den erwähnten Gründen – kein Unglück sah. Immer wieder bezieht sie sich im Gegenteil positiv auf ihr Frausein und zwar, je älter sie wird umso mehr. Das Frausein war für Arendt kein Unglück, sondern irgendwie auch eine andere Kategorie, nämlich etwas viel selbstverständlicheres, möglicherweise auch nicht gesellschaftlich Konstruiertes. So zog Arendt ihr Frausein explizit als Vergleich heran, um zu erklären, warum es ihr nicht möglich war, ihr Jüdischsein zu verleugnen: ‚Tatsache ist, dass ich nicht nur niemals so getan habe, als sei ich etwas anderes, als ich bin, ich habe niemals auch nur die Versuchung dazu verspürt. Es wäre mir vorgekommen, wie zu sagen, das ich ein Mann sei und nicht eine Frau, also verrückt.‘ (9). Offensichtlich ging Arendt davon aus, dass sich das Frausein – anders als das Jüdischsein – nicht verstecken oder verleugnen lässt, und vielleicht ist auch wirklich die Geschichte der Emanzipation notwendig gewesen, damit wir uns darüber klar werden, dass Weiblichkeit ebenso sozial konstruiert (und damit ‚versteckbar‘) ist, wie Jüdischsein.“ Den ganzen Artikel findet ihr hier.