Selbstverteidigung, Sichtbarkeit & Solidarität – #SayHerName #BreonnaTaylor

Blogschau Juni bis August 2020
Drei heiße Sommermonate liegen hinter uns: was war los in der Welt und in den hiesigen feministischen Blogosphären?
Hier kommt meine subjektive Auswahl von Blogposts aus den Monaten Juni, Juli & August 2020.
Wenn ihr gern ausführlicher stöbern wollt, empfehle ich den Twitter-Account Feminismus.de , der auf alle feministischen Blogs in Deutschland verlinkt, die der Redaktion bekannt sind: „Auch solche, die wir lieber nicht im Feminismus haben wollen. Daher Triggerwarnung.“
Zunächst ein großes „Gracias!“ an Emma Sosa Moreno für die Illustration zu diesem Blogpost. Ich hatte Emma das Thema Selbstverteidigung geschickt und das obige Bild ist ihre gestalterische Antwort. … die wiederum neue Assoziationen in mir weckt … zum Beispiel: Aufstieg. … was wiederum sehr gut zu einer feinen fantastischen Geschichte von Sabine de Martin passt – über einen besonderen Ausstieg aus der Wohnungslosigkeit und einen Aufstieg auf die Dächer der Stadt.

Warum Selbstverteidigung? … und Sichtbarkeit, Solidariät, #SayHerName & #BreonnaTaylor?
Hier findet ihr Antworten in feministischen Blogposts zu den Themen:

P.S.: Meine Neuentdeckungen:
Katharina Tolle startet auf ich gebäre eine Blogpost-Serie und fragt „Was hat Geburt mit Feminismus zu tun?“

P.P.S. Es gibt Neues in der Rubrik Blogger*innen über das Bloggen:

  • Thi Yenhan Truong aka @Naekubi erklärt auf danger bananas, warum sie gut zwei Jahre nicht gebloggt hat und jetzt wieder damit beginnt.
  • Auf ihrem Blog Was man so nicht sagen darf feiert Paula Deme den 5. Geburtstag des Blogs und denkt schreibend darüber nach, was sie zum Bloggen motiviert hat, wo das Bloggen sie hingeführt hat und wie sich ihr Feminismusverständnis in dem Zeitraum und Zusammenhang verändert hat.
  • Kirsten Alers fragt im Beitrag vom 24.8. auf Wortwechsel „Warum mache ich das hier?“  und gibt Einblick in ihre – nach Innen und nach Außen gerichtete – Selbstbefragung im montäglichen Bloggen.

„Wir schlagen unseren Faden in ein Netz der Beziehungen“

Blogschau Mai 2020
„Wir schlagen unseren Faden in ein Netz der Beziehungen. Was daraus wird, wissen wir nie.“ Diese Metapher, die Hannah Arendt 1964 in einem Fernsehinterview mit Günter Gaus verwendet, um ihr politisches Denken und Handeln zu beschreiben, lässt sich gut auf das feministische Bloggen übertragen, finde ich. Bloggend knüpfen wir unsere Gedanken-, Erfahrungs-, Ideen- und Text-Fäden ins Internet. Was weiter damit passiert, wissen wir nicht. Vielleicht werden die Fäden aufgegriffen und weitergeknüpft. Vielleicht bleiben sie als lose Fäden im World Wide Web hängen, irgendwie „lost in space“ oder auch einfach schwerelos schwebend bis irgendwann, eines Tages – eine Spinne sie in ihr Netz verspinnt. Oder ein neuer Faden von woanders heran geweht wird und in der Verknüpfung etwas Neues entsteht.

#BlackLivesMatter: Auch die Schwarze Community schlägt Fäden ins Netz der Beziehungen – weltweit. Hier verbünden sich Menschen, um sich gemeinsam gegen den grassierenden, teils tödlichen und immer toxischen Rassismus zu schützen und zur Wehr zu setzen. Der Mord an George Floyd in den USA macht mich fassungslos, wütend und traurig. Die Proteste gegen rassistische Polizeigewalt und Rassismus in den USA und auch hier in Deutschland und in vielen anderen Ländern machen mir Mut.
Weiterhin wütend und erschüttert bin ich darüber, dass die Flüchtlings-Lager auf den griechischen Inseln und die Sammelunterkünfte hier in Deutschland, trotz der menschenrechtswidrigen Zustände dort und der fortgesetzten Corona-Pandemie, immer noch nicht evakuiert sind. #LeaveNoOneBehind #EvacuateNow

In dieser Blogschau zum Monat Mai will ich einige Fäden, die ich in den feministischen Blogosphären gefunden habe, aufgreifen und hier kurz „highlighten“. Vielleicht bekommt ihr Lust, auf den entsprechenden Blogs weiter zu lesen. Zur besseren Übersichtlichkeit, habe ich die Blogpost-Fäden zu folgenden Themenknäueln zusammengebunden:
Rassistische Polizeigewalt, Schwarzer Widerstand und Gerechtigkeit für George Floyd
Rassismus und Heterosexismus in Deutschland
Ein feministisches Internet & Digitalisierung
Hannah Arendt
Die Coronakrise aus feministischer Perspektive

Wie immer ist dies nur eine subjektive, begrenzte Auswahl. Nutzt gerne die Kommentarspalte für Ergänzungen. Für einen ausführlicheren Überblick über feministische Blogposts siehe Feminismus.de https://twitter.com/feminismusde auf Twitter.
P.S.: Worüber ich mich im letzten Monat sehr gefreut habe? Der erste Kommentar ist auf diesem Blog hier gelandet und hat ihn mit DUNKELLILA verknüpft. Lest dort mal rein, es lohnt sich!
P.P.S.: Tausend Dank an Emma Sosa Moreno für die Illustration und an alle Kolleg*innen und Freund*innen, die mir mit ihrem Feedback zu diesem Blog helfen, das Projekt weiter zu entwickeln.
P.P.P.S. Es gibt Neues in der Rubrik Bloggerinnen über das Bloggen: Für Nadia Shehadeh ist das Bloggen  – manchmal – „nur ein Hobby“.

Bloggen am Tag der Arbeit?

Blogschau April
Diesen Rückblick auf die feministische Blogosphäre im Monat April schreibe ich heute am 1. Mai – am Tag der Arbeit*. Obwohl heute ein Feiertag ist, arbeite ich kurz noch ne Runde, bevor ich mich gleich der 1.Mai online-Demo des DGB anschließe. By the way: das ist dann seit meiner ersten online-Demo im März (#LeaveNoOneBehind) inzwischen meine vierte online-Demo (nach der 2. #LeaveNoOneBehind-Demo am 19.4 und dem Netzstreik für’s Kima am 24.4.) – ihr seht, ich komme langsam in Übung.
Viele Menschen hierzulande – insbesondere Frauen* und Menschen in prekären Situationen – arbeiten an Feiertagen ja sowieso: z.B. in Krankenhäusern, in der Altenpflege, der Reinigung oder in der Betreuung von Kindern beispielsweise. Sie arbeiten im Care- bzw. Sorge-Bereich in regulären oder ungesicherten Verhältnissen, „ehrenamtlich“ oder vergütet, mit oder ohne Urlaubsanspruch, Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung. Eine Gruppe, die in diesen Care-Tätigkeiten stark vertreten ist und die derzeit komplett durch das soziale Netz fällt, ist die Gruppe der Menschen ohne Aufenthaltsstatus. Am 25.4. gab es deshalb den Aktionstag #LEGALISIERUNGJETZT, mit dem die Initiative Respect Berlin und das Netzwerk Solidarity City die Legalisierung aller Migrant*innen ohne Papiere in Deutschland fordert. Sie rufen auch dazu auf, für die Menschen, die derzeit ihre Jobs verlieren und vor dem Nichts stehen, zu spenden.

Im April war in vielen Blogposts das Thema Arbeit zentral – neben der Corona-Krise oder auch in Verbindung damit. Das ist aus einer intersektional-feministischen Perspektive, die sich schon lange mit der Care- bzw. Sorgearbeit auseinandersetzt, naheliegend. Viele der Blogposts machen auch darauf aufmerksam, dass sich in der aktuellen Krise die bestehenden Macht- und Ungleichheitsverhältnisse noch verschärfen. Sie zeigen auf, inwiefern die Pandemie bzw. die damit verbundenen Maßnahmen Frauen*, Mädchen*, Inter*- und Transpersonen besonders hart treffen, insbesondere wenn sich die geschlechtsbezogene Benachteiligung noch mit anderen Diskriminierungsformen verschränkt, wie dies z.B. bei rassistisch markierten Personen, bei queeren, obdachlosen und geflüchteten Menschen, bei Personen ohne Aufenthaltsstatus, bei denjenigen, die in Armut leben und auch bei Menschen, die durch die gesellschaftlichen Strukturen be-hindert oder ver-rückt werden, der Fall ist.
Auch im April gibt es Posts mit politischen Analysen und mit Informationen über Initiativen, Kampagnen und Forderungen an die Politik – auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene. Darüberhinaus bieten einige Blogs coole Film- und Buchtipps sowie persönliche Einblicke in den feministischen Alltag „in Zeiten von Corona“, in denen mitunter auch Wut eine Rolle spielt.
Bevor ich euch zu den Blogposts weiter leite, hier noch kurz der Hinweis auf drei Blogs, die ich im April 2020 neu entdeckt habe.

Neuentdeckungen
Die qonda Schriftstellerin Sabine de Martin verzaubert und verblüfft auf ihrem Blog  mit literarischen, fotografischen und Videoarbeiten. Einige ihrer Texte trägt sie dort auch vor und begleitet sich selbst dabei mit der Gebärdensprache. In diesem Video spricht_gebärdet sie darüber, was das eigentlich ist, eine „Qonda-Schriftstellerin“.
In dem Gemeinschaftsblog Kennst du das…? schreiben Lotte und Mara einander „Briefe über Macht, Körper und Sexualität“. Da geht es z.B. um die Corona-Schockstarre, die Rächer von Moni und den Fantasie-Killer Kapitalismus. Ich finde es toll, an ihrem Austausch teilhaben zu dürfen: sehr informativ UND inspirierend! Super auch die Podcasts-Tipps unter „lauschen“. Über den Blogroll „lesen“ bin ich dann auf diesen Blog gestoßen:
Little Feminist Blog ist das Blog von Laura Melina Berling, die u.a. über Körper, Sexualität, psychische Gesundheit und Sexualpädagogik schreibt. Sie nutzt ihr Blog, um, wie sie sagt, „bestmöglich für einen (queeren und intersektionalen) Feminismus, gegen Rassismus, Antisemitismus, antimuslimischen Rassismus, Sexismus, Ableismus, Bodyismus und generell jeden blöden Ismus, Trans- und Homo-, Bifeindlichkeit einzustehen.“ Dafür lässt sie auf dem Blog verschiedene Stimmen zu Wort kommen. Sie stellt regelmäßig die Arbeit von anderen Feminist*innen vor. Im April hat sie diese zwei Interviews geführt:
1. mit Regina Adjoa (@reginadjoa), die in der politische Bildung arbeitet, die u.a. über Körper, Diskriminierung, Rassismus, Kolonialgeschichte, Sexismus und Menschenrechte schreibt und die ihre fotografisch-künstlerische Arbeit auf Instagram präsentiert.
2. mit Souzan AlSabah, die in der intersektionalen Gesundheits- und Präventionsarbeit tätig ist und 2012 zusammen mit anderen Frauen* das Frauen-* und Mädchen-* Gesundheitszentrum Holla e.V. gegründet hat, das insbesondere Sexismus & (anti-muslimischen) Rassismus fokussiert.

Jetzt aber zur Blogschau April – nach Themen sortiert:
Auch wenn Arbeit, Politik, Wut und Kultur oft miteinander verschränkt und verwoben sind, habe ich versucht, die Blogposts entlang dieser Begriffe  zu sortieren. Ich wünsche euch viel Spaß und erhellende Momente beim Stöbern in den Texten!
Und wie immer gilt: ich habe garantiert so Einiges übersehen. Deshalb freue ich mich über Hinweise, Feedback und Kommentare.

Arbeit
Politik und politische Initiativen – im Kontext von Corona und anderer Krisen
Wut
Kultur

Für einen chronologischen und umfassenderen Rückblick auf feministische Blogposts der letzten Zeit siehe den Twitter Account Feminismus.

Und last but not least ein riesengroßer Dank an Emma Sosa Moreno, die die Illustration für diesen Blogpost gestaltet hat. GRACIAS, amiga!

*Aus diversen Gründen habe ich den Post erst am 17.5. veröffentlichen können, hoffe, ihr seht es mir nach;).

„Wir sind eine Gemeinschaft, in der jedes Leben und jeder Mensch zählt.“ …

… oder: Feministisch Bloggen im März & „in Corona-Zeiten“
Nachdem ich im Januar noch von den totgesagten Blogs schrieb, war im März in der feministischen Blogosphäre SEHR viel los.  Hier habe ich eine Blogschau zum Monat März zusammengestellt. Wie ihr euch denken könnt, geht es in den Posts vor allem um die Corona-Krise. Aber auch die Aktionen rund um den 8.März, der rassistische Anschlag in Hanau vom 19.Februar und der Netzfeminismus sind Thema. Bevor ich die Blogschau „starte“, erlaubt mir kurz ein paar persönliche Notizen:

In diesem März habe ich gleich vier Mal ein „erstes Mal“ erlebt:
1.) Zum ersten Mal in meinem Leben war ich auf einer Online-Demonstration. Die Demo war von der Initiative Seebrücke unter dem Motto #LeaveNoOneBehind organisiert, um die sofortige Evakuierung der Flüchtlingslager auf den griechischen Inseln zu fordern. Hier in Deutschland sind über 140 Kommunen, Städte und Bundesländer bereit, Menschen aufzunehmen. D.h. #WirhabenPlatz für Menschen in Not, die in den überfüllten Lagern derzeit besonders von COVID-19 bedroht sind. Darauf wollten wir mit der Aktion aufmerksam machen – und die Aktivitäten gehen weiter, z.B. am kommenden Sonntag mit einem bundesweiten Aktionstag Wir hinterlassen Spuren.
2.) Bei dieser Demo habe ich den ersten (eigenen) Tweet meines Lebens abgesetzt.
3.) In diesem Tweet habe ich – auch zum ersten Mal seit ich denken kann – Angela Merkel zitiert. In ihrer TV-Ansprache zur Corona-Krise am 18.3.2020 sprach sie von den Menschen, die am COVID-19 Virus sterben und sagte: „Das sind nicht einfach abstrakte Zahlen in einer Statistik. Sondern das ist ein Vater oder Großvater, eine Mutter oder Großmutter, eine Partnerin oder Partner. Es sind Menschen. Und wir sind eine Gemeinschaft, in der jedes Leben und jeder Mensch zählt.“
Ich finde, wir sollten die Kanzlerin beim Wort nehmen. Jedes Leben und jeder Mensch zählt! Also auch das der unbegleiteten Jugendlichen und der geflüchteten Kinder und Erwachsenen an den Grenzen Europas und auf den griechischen Inseln. Und auch das der Menschen, die in den Gemeinschaftsunterkünften, Ankerzentren und Flüchtlingslagern in Deutschland und anderen europäischen Ländern unter desolaten Bedingungen und auf engstem Raum untergebracht sind.
Ich finde, wir sollten sie beim Wort nehmen und nochmals nachfragen: In dieser Zeit, in der so viel von Solidarität die Rede ist, ist es da wirklich so, dass jedes Leben zählt? Oder meint Frau Merkel nur die Menschen, die das Glück hatten, innerhalb unserer nationalen Grenzen geboren zu werden  … oder noch rechtzeitig einzuwandern, bevor Deutschland und die EU die Schotten dicht machten und die Menschenrechte im Mittelmeer ertränkten.
Wer bis heute – trotz der Kolonialgeschichte, der weltweiten Warenströme und internationalen Arbeitsteilung, trotz Internet, Digitalisierung und Klimakrise – noch nicht verstanden hatte, dass wir in einer WELT-Gemeinschaft leben, der müsste es eigentlich spätestens jetzt, angesichts Corona, verstanden haben. Wobei diese Vermutung oder Hoffnung wohl naiv ist, wenn ich an all die nationalistischen Reflexe denke, die gerade zu beobachten sind.
Die aktuell so vielbeschworene Solidarität: wo fängt die an und wo hört sie auf? Wenn ihr mich fragt: ich finde, sie ist #unteilbar und wir sollten keine Person vergessen -> #LeaveNoOneBehind.
Welches Leben zählt? Diese Frage stellt sich überall auch im Kontext von (hetero- und cis-) sexistischer und sexualisierter Gewalt. Weltweit wächst das Bewusstsein dafür, (so mein persönlicher Eindruck hier in meiner feministischen Bubble), dass das Problem der Femizide (Frauen*morde) den ganzen Globus umspannt. Dem stellen feministische Bewegungen weltweit ihre (internationale;) Solidarität entgegen. Das führt mich zu meinem vierten „Ersten Mal“:
4.) Zum ersten Mal habe ich mich an einem Frauen*Generalstreik beteiligt bzw. mich damit solidarisiert. Ich war zwar nicht vor Ort in Mexiko dabei, als Millionen Frauen* am 9.März 2020 die Unis, Schulen, Geschäfte, Fabriken, Verwaltungen, Haushalte und alle möglichen anderen (Frauen*-)Arbeits-Orte bestreikten. Über das Netz konnte ich virtuell dabei sein und ihren Aufruf, ihre Mobilisierungsvideos, Berichte und Nachrichten per Email, Telegram etc. verbreiten. In Kombination mit den Aktionen zum 8.März hierzulande war das eine sehr ermutigende Erfahrung.
An dieser Stelle möchte ich Emma Sosa Moreno danken, die viele Informationen zum Frauen*Generalstreik mit mir geteilt und die außerdem die Illustration für diesen Blogpost gestaltet hat.

Jetzt aber zur Blogschau März – nach Themen sortiert:
Corona
8. & 9. März
#Hanau
Digitales

Diese Blogschau spiegelt meine subjektive Auswahl wieder und ich habe bestimmt so Einiges übersehen. Deshalb: bitte ergänzt diese unvollständige Liste gerne unten in der Kommentarspalte.
Muchas Gracias!

Für einen chronologischen und umfassenderen Rückblick auf feministische Blogposts der letzten Zeit siehe den Twitter Account Feminismus.

Gibt es feministische Blogs überhaupt noch? Und Frauen und Männer? Und…

Blogs sind tot!“, finden zwei der Blogger*innen, die ich kürzlich interviewt habe. Sie sind der Auffassung, dass – im Vergleich zu ‚damals‘, zu den Hochzeiten des feministischen Bloggens, so vor ca. zehn Jahren – heute in der feministischen Blogosphäre nichts mehr los ist. Und dass die Debatten inzwischen woanders stattfinden, auf Twitter, Facebook, Instagram und so… „Aber ich blogge weiter!“ lautet gleich darauf die klare Ansage von beiden, so nach dem Motto: ‚Blogs sind tot. Es leben die Blogs!‘
Diese Lebendigkeit lässt sich in diesen Tagen beobachten: Plattform-übergreifend findet eine – sehr lebendige – feministische Debatte statt, bei der auch Blogger*innen eine Rolle spielen. Ausgelöst durch den Post Gibt es Frauen und Männer überhaupt von Antje Schrupp auf dem Blog 10nach8 diskutieren Feminist*innen auf Blogs, auf Twitter und andernsorts über einen „Uterus-Fokus“ (Stokowski) im Feminismus und reflektieren die damit verbundenen Ausblendungen und Ausschlüsse, siehe dazu z.B. den Thread von Margarete Stokowski auf Twitter mit dem Titel „Schönen guten Tag, die Uterus- & Kinderwunsch-Nachweise mal bitte zur Kontrolle – ???Wenn im Feminismus insbesondere Menschen, die „Schwangerwerdenkönnen“ (Schrupp) fokussiert werden, würde ausgeblendet, so Stokowski, dass sich Misogynie (Frauenfeindlichkeit) nicht nur in der Diskriminierung von Schwangeren, sondern auch in anderen Bereichen wie z.B. in Gewalt und schlechter Bezahlung von Frauen* äußert. Ausschlüsse entstünden beim ‚Uterus-Fokus‘ dadurch, dass die Verschränkung von Sexismus mit anderen Unterdrückungsmechanismen wie Rassismus, Klassismus, Ableismus und Transfeindlichkeit nicht berücksichtigt werde. Diese Kritik leuchtet mir ein. Einerseits.
Andererseits geht es Antje Schrupp meines Erachtens in ihrem Post erst in einem zweiten Schritt darum, das Thema ‚Schwangerwerdenkönnen‚ – und die damit verbundenen Diskriminierungen von Schwangeren und Menschen mit Kindern (und mit Uterus) – ins Blickfeld des Feminismus zu rücken.
In einem ersten Schritt geht es ihr darum, die vermeintliche Eindeutigkeit des biologischen Geschlechts bzw. einer ’natürlichen‘ Zweigeschlechtlichkeit zu hinterfragen. Sie erläutert, dass die Kategorien ‚Frau‘ und ‚Mann‘ – auch wenn es um das ‚biologische‘ Geschlecht geht – von Menschen gemachte, kulturelle Konstrukte sind und dass in Deutschland „schätzungsweise 1,4 Millionen Menschen leben, die nicht eindeutig einer der beiden Seiten zugeordnet werden können“ (Schrupp). Schon im Europa der Aufklärung sei ‚die Natur‘ bei dieser Unterscheidung von ‚Frauen‘ und ‚Männern‘, so Antje Schrupp, „ein recht unzuverlässiger Ausgangspunkt (gewesen), dem mithilfe von Recht, Bildung und Medizin nachgeholfen werden musste.“ Mit Bezug auf die Arbeiten der Soziologin Oyèrónkẹ́ Oyèwùmí liefert sie zudem ein Beispiel für eine Kultur – hier die Kultur der Yoruba im vorkolonialen Nigeria –, in der nicht zwischen ‚Frauen‘ und ‚Männern‘ unterschieden wurde und in der es diese Begriffe gar nicht gab. (By the way: Kritiken zu diesem Argument greift sie auf ihrem Blog Aus Liebe zur Freiheit auf.)

Und feministische Debatten(-Kultur)?
Eine gut nachvollziehbare Darstellung der Kontroverse um den Post „Gibt es Frauen und Männer überhaut“ liefert m.E. die queer-feministische Künstlerin eve massacre auf ihrem Blog breaking the waves. eve massacre verortet sich selbst in der „Enby- und Transgenderecke“ (Enby: Abkürzung für non-binary = nicht-binär). Sie liest den Beitrag von Antje Schrupp anders als beispielsweise Margarete Stokowski, nämlich so:
„Wenn ich es richtig verstehe, liegt der Hund im Ende begraben, wo [bei Schrupp] Folgendes zu lesen ist: ‚Das feministische Projekt, das heute ansteht, bestünde hingegen darin, genau diese Personen – Menschen mit Uterus, die Kinder gebären (möchten) – als politische Subjekte zu positionieren, deren Interessen, Anliegen und Bedürfnisse nicht länger missachtet werden dürfen.‘“ Eve Masscre weiter: „Das ist unscharf formuliert und kann bedeuten: 1.) NUR solche Personen sollen das politische Subjekt des Feminismus sein. Oder: 2.) Diese Personen sollen AUCH einen Platz als politische Subjekte des Feminismus bekommen. Die Lösung im Sinne Antje Schrupps ist 2.), was eigentlich allen auch im darauf folgenden Satz hätte klar werden können: ‚Es wäre der Kampf für eine Gesellschaft, in der Menschen AUCH DANN nichts an Einfluss, Macht, Wohlstand und Lebensoptionen verlieren, wenn sie schwanger sind oder kleine Kinder versorgen.‘ (Hervorhebung von mir) [d.h. von eve massacre]“
Diese Lesart kann ich gut nachvollziehen und finde noch einen anderen Punkt im Blogpost von massacre bedeutsam. Sie formuliert einerseits ihr Unbehagen darüber, dass sich „der Tonfall von Trans- und Enby-Queerfeminismus-Twitter in großen Teilen über die letzten Jahre sehr verschärft hat“. Zugleich reflektiert sie mögliche Gründe dafür. Damit greift sie die Frage auf, wie „wir“ im Netz miteinander diskutieren wollen und inwiefern Macht-Ungleichheiten „unsere“ Debatten-Kultur mit beeinflussen. Einen Grund für die scharfen Töne sieht sie darin, dass die Ausgangspositionen ungleich sind, was auch mit verschiedenen Reichweiten der Blogger*innen bzw. Diskutand*innen zu tun hat, also auch mit unterschiedlicher Diskurs-Macht. Von Bedeutung sei auch die Erfahrung von Menschen in marginalisierten Positionen, dass ihre Lebensrealitäten und Argumente immer wieder ignoriert bzw. überhört werden.

Zu der hier nur angerissenen Diskussion gibt es noch diverse weitere Beiträge und zum Beitrag von Antje Schrupp auf 10nach8 finden sich heute 759 Kommentare, auf die ich hier nicht mehr eingehen kann und die, na klar, auch nicht alle aus einer feministischen Perspektive formuliert sind.
Falls ihr noch etwas ergänzen, hinterfragen oder anregen wollt, nutzt gerne die (moderierte) Kommentarspalte unten.

Du sollst nicht vergewaltigen

„Du sollst nicht vergewaltigen“ – dieser Satz steht in großen Lettern mitten in Berlin, vor dem Maxim Gorki Theater, in unmittelbarer Nähe zur Neuen Wache, Humboldt-Universität, Unter den Linden und Deutschem Historischen Museum. Es ist eine Arbeit der in Guatemala lebenden Künstlerin Regina José Galindo. Als Intervention in den öffentlichen Raum wurde der Satz seit 2017 in vielen Städten der Welt präsentiert und war im Rahmen des „4. Berliner Herbstsalons“ am Gorki zu sehen. Im Begleitheft heißt es dazu: „In der Sprache der biblischen Gebote ist der Satz Kritik und Aufforderung zugleich und eindeutig in der Aussage: Du sollst nicht vergewaltigen! Im Gegensatz zu Mord, Diebstahl, Lüge und Gotteslästerung ist sexuelle Gewalt bis heute nicht in den moralischen Kodex kollektiver Ächtung aufgenommen. Der zunächst selbstverständlich anmutende Satz macht dies eindrücklich deutlich“.
Der Internationale Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen* wurde 1981 auf dem ersten lateinamerikanischen Frauenkongress ins Leben gerufen. Seitdem protestieren Feminist*innen am 25. November weltweit gegen sexualisierte, häusliche, digitale und andere Formen der Gewalt, sie sich gegen Mädchen*, Frauen*, trans*, inter* und nicht-binäre Personen richtet. Aktuell ruft z.B. das Bündnis internationalistischer Feministinnen* Berlin zu einer Demonstration u.a. gegen Abschiebungen und Femizide (Frauen*morde) auf.
Seit 2017 setzt sich die Kampagne #keinemehr in Deutschland gegen Frauen*morde und Gewalt gegen Frauen* ein. Die Kampagne tritt dafür ein, dass auch hierzulande der politische Begriff  Feminizid verwendet wird: „Damit wollen sie sichtbar machen, dass Männer Frauen* töten. Dass das keine vereinzelten Familiendramen oder Eifersuchtsmorde sind. Und dass die deutsche Gesellschaft mitverantwortlich ist, dass dies geschehen kann. Dazu gehört auch die mediale Berichterstattung.“ (s. Website #keinemehr).
Auch an der ASH Berlin, an der ich arbeite, wird es rund um den 25.November Veranstaltungen geben.
Bereits im Oktober luden Frauen*rat und Frauen*beauftragte der ASH Berlin zu einer Veranstaltung mit unserer Kollegin Prof. Charlynne Curiel von der Partneruniversität „Autonome Universität von Oaxaca (UABJO)“ in Mexiko. In ihrem Vortrag zur Diskriminierung von Frauen* an mexikanischen Hochschulen gab sie einen Einblick in das Kontinuum der Diskriminierung und Gewalt, die den Alltag von Frauen* im mexikanischen Wissenschaftsbetrieb prägen. Sie berichtete aber auch von den Strategien der Gegenwehr, die Studierende und Beschäftigte an den Hochschulen entwickeln, um Diskriminierung und Gewalt öffentlich zu machen und um wirksame Präventions- und Sanktionsmaßnahmen zu fordern.
Die Proteste an den Hochschulen stehen auch in Verbindung mit landesweiten Protesten von Feminist*innen gegen Vergewaltigungen und sexualisierte Übergriffe. Darum ging es dann ausführlicher bei einer Veranstaltung mit Charlynne Curiel im Aquarium am Kottbusser Tor und in einem Interview mit ihr im Nachrichtenpool Lateinamerika. Die Feminist*innen nutzen neben „analogen“ Protestformen wie Kundgebungen, Plakataktionen und Demonstrationen auch digitale Formen, indem sie über die Sozialen Medien Öffentlichkeit herstellen und mit Hashtags wie z.B. “#yo si te creo” (#ich glaube dir) oder “#si nos tocan a una respondemos todas” (#wenn sie ein von uns anfassen, reagieren wir alle) für ihre Demos mobilisieren.
Anhand des Blogs Feminismos en Debate konnten wir z.B. an der ASH Berlin seit 2017 nachvollziehen, wie die feministische Gruppe MUOVAS in Oaxaca auf sexualisierte Gewalt an unserer Partnerhochschule UABJO aufmerksam machte und von der Hochschulleitung u.a. forderte, einem Vergewaltigungsvorwurf gegen einen Dozenten ernsthaft nachzugehen.
Die digitalen Medien sind einerseits ein wirksames Werkzeug für das Engagement gegen Diskriminierung und Gewalt. Gleichzeitig ist das Internet bekanntermaßen auch ein Raum, in dem Übergriffe und Gewalt gegen Frauen* passieren, so dass die feministischen Internet-Nutzer*innen vor der Herausforderung stehen, Strategien der digitalen Selbstverteidigung zu entwickeln. Dazu findet ihr hier ein spannendes Interview mit Dr. Marcela Suárez Estrada, die im Rahmen des DiGiTal-Programms zu feministischer Politik in Mexiko und digitaler Gewalt forscht.
Für diejenigen, die Spanisch sprechen, sei der 30-minütige Dokumentarfilm „Nosotras” („Wir“) über sexualisierte Diskriminierung und Gewalt in Mexiko sehr empfohlen.

Was ist los auf den feministischen Blogs?

Was ist los auf den feministischen Blogs? So Einiges!
Also kommt hier jetzt eine kleine „klassische“ Blogschau. Über die folgenden Blogposts bin ich im Juni in der feministischen Blogosphäre (unter anderem) gestolpert. Ich fand sie spannend, berührend, aufwühlend und wichtig und möchte sie deshalb weiterempfehlen:

Es ist Sommerzeit, für einige Leute heißt das Urlaubs- und Festivalzeit. Laura Gehlhaar war in Weimar und Erfurt unterwegs – lest hier ihren erhellenden und inspirierenden Reisebericht „100 Jahre Bauhaus – barrierefrei durch Erfurt und Weimar“. Während Laura auf den Spuren der Bauhaus-Frauen durch Weimar und Erfurt tourte, rockt Nadia Shehade mit einer „female festival task force“, also mit weiteren Blogger*innen, das Roskilde-Festival in Dänemark. Nadia und Kolleg*innen berichten für die Blog-Rebell*innen über das Event – aus feministischer Perspektive versteht sich.
Vor der Ferienzeit endet für einige Blogger*innen das Semester oder Schuljahr. Eine, die viele ist, hat ihren Abschluss gemacht (Herzlichen Glückwunsch!), genauer gesagt: zwei Abschlüsse zugleich. Der Text „so nah dran“ hat mich sehr berührt und zum Nachdenken angeregt. Ich gratuliere zum Berufsabschluss und Fach-Abi!
Bestürzt, wütend und traurig war ich, als ich bei den Women in Exile vom Tod von Rita Awour Ojunge las. Die Kenianerin lebte als Asylbewerberin im Flüchtlingsheim Hohenleipisch (im Landkreis Elbe-Elster), verschwand dort vor ca. zwei Monaten und wurde erst kürzlich in der Nähe des Heims tot aufgefunden. Women in Exile fordert Aufklärung und die Schließung des Heimes, das sehr abgelegen liegt und für die Bewohner*innen nicht sicher ist.
Vom 26.-29. Juli veranstalten Women in Exile & Friends das „Building Bridges“ Festival in Berlin. Wer Lust hat, dabei zu sein, zu unterstützen oder für das Projekt zu spenden, findet hier weitere Informationen.
Ende 2016 hat der Berliner Senat die Stelle einer Antidiskriminierungsbeauftragten für Schulen eingerichtet und mit Saraya Gomis besetzt. Ein bundesweit vielbeachteter und wichtiger Schritt. Saraya Gomis war als Antidiskriminierungsbeauftragte die erste Schwarze Frau in einer Leitungsposition in der Berliner Senatsverwaltung. Bedauerlicherweise ist sie nun von ihrem Amt zurück getreten. Mit den Gründen für diesen Rücktritt beschäftigt sich Maisha Auma in einem Blogpost auf der Website von Generation Adefra (Adefra e.V. – Schwarze Frauen in Deutschland). Maisha erläutert darin auch, weshalb Adefra und die Fachgruppe „Diversifying Matters“ eine unabhängige Ombudsstelle „Diskriminierungskritische Schulberatung – Monitoring und Beschwerdemanagement“ fordern.
Der Monat Juni ist der Monat von GayPride, CSD und LGBT/Queer. Mit dem Jubiläum „50 Jahre Stonewall“ beschäftigt sich Magda von der Mädchenmannschaft (Stonewall was a Riot) und das Blog des Zentrums für transdisziplinäre Geschlechterstudien an der HU Berlin (Den Jahrestag sollten wir politisch nehmen).
Das war’s erst einmal von meiner Seite für den Juni.
Wie immer gilt: wenn ihr noch Tipps und Hinweise habt, z.B. zu feministischen Blogs und spannenden Blogposts, oder auch einfach so, z.B. Anmerkungen, Feedback und Kritik: ich freu mich drüber!

Bloggen für ein feministisches Europa

Heute früh dachte ich noch: „Hmm, vielleicht stimmt es doch, dass Blogs vom Aussterben bedroht sind“. Auf vielen Blogs ist es still im Moment, Debatten und Aktivismus finden auf der Straße und in anderen (sozialen) Medien statt. Seit den Fridays For Future Demos und jetzt mit dem Video des YouTubers Rezo („Die Zerstörung der CDU“) sind „die Jugend“ und ihre Kritik an der Klimapolitik DAS Thema in den Medien. Dazu hat Kübra Gümüşay einen treffenden Thread geschrieben – nicht auf ihrem Blog, sondern – logisch – auf Twitter. Sie vertritt die These, dass die jungen Leute „gegen die Aufmerksamkeitsdiktatur der Rechten“ rebellieren. Sie haben es geschafft, so die Bloggerin, wieder Themen auf die Agenda zu setzen, die die Gesellschaft zusammen bringen können, statt sie zu spalten. Themen, die helfen, Zukunft gemeinsam und konstruktiv zu gestalten.
Wir sind ja mitten im Europa Wahlkampf (also hier in Europa – anderswo sind andere Themen dran, klar…) und da stellt sich die Frage, wie wir (Europäer*innen und alle, die hier leben,) weiter am „gemeinsamen Haus“ Europa bauen wollen. Soll es eine „Festung“ sein, in der weiterhin billigend, zynisch und menschenverachtend in Kauf genommen wird, dass Menschen an ihren Grenzen sterben? So wie (nicht nur) die AFD und Rechtspopulisten aus anderen europäischen Ländern es wollen…
Oder soll es ein ökologisch vernünftiges und verantwortliches, ein sozial gerechtes und diskriminierungsfreies, also ein inklusives, demokratisches und menschenrechtlich fundiertes Europa sein?
Nun, die Debatten um diese Fragen scheinen gerade nicht auf den feministischen Blogs statt zu finden, deshalb dachte ich heute früh noch: „Vielleicht sterben sie ja aus?“
Doch da erreicht mich über Twitter ein Hinweis auf den internationalen, englischsprachigen Blog „Young Feminist Europe“. Hier schreiben junge Europäer*innen über ihre Vision eines gender-gerechten Europa. Ihr Feminismus-Verständnis ist ein intersektionales, d.h. sie berücksichtigen die Verschränkungen des (Hetero-)Sexismus mit anderen Diskriminierungsformen. Auf ihrem Blog wollen sie allen, die sich als Frauen* identifizieren sowie nicht-binären Menschen eine Plattform für den Austausch und für Graswurzel- und digitalen Aktivismus bieten.
Lest doch mal rein: ihr findet dort spannende Posts z.B. zu der Frage „Wie kann ich für ein ökofeministisches Europa stimmen?“ oder „Warum kann meine Stimme für ein feministisches Europa dazu beitragen, der Krieg der italienischen extremen Rechten gegen Frauen zu beenden?“ (Die Beiträge sind auf Englisch, ich habe mir erlaubt, die Titel frei und auf die Schnelle zu übersetzen.) Hier geht’s zum Themenschwerpunkt „Why Europe Needs Feminism“ (Warum Europa Feminismus braucht) des Blogs „Young Feminist Europe“.

Bloggen um des Bloggens Willen

Nun bin ich schon zwei Monate im Verzug… Ich wollte doch einmal monatlich einen Beitrag posten. Hm, das hat wohl nicht geklappt. Hab ein paar Beiträge angefangen und wieder verworfen. Habe in vielen Blogs „gestöbert“ und manches Mal den Wunsch verspürt, einen Kommentar zu hinterlassen und es dann doch nicht getan…
Vielleicht merkt ihr es schon: ich bin kein Digital Native und ziemlich ungeübt im Schreiben im Netz. Ich poste nur SEHR selten mal einen Kommentar, von Bildern, Gifs u.ä. ganz zu schweigen Social Media Plattformen wie Facebook, Instagram und Twitter sind für mich immer noch Neuland (Angela Merkel lässt grüßen). Abgesehen davon, dass ich noch nicht so wirklich raus habe, wie ich diese Anwendungen nutzen und gleichzeitig meine Privatsphäre schützen kann. Werde also demnächst mal zu einer Cryptoparty gehen, um mich schlau zu machen. Vielleicht treffen wir uns dort?

Dieses Blog ist mein Übungsfeld. Ich blogge hier erstmal für mich.
Da freut es mich, bei Antje Schrupp zu lesen, dass sie ihre Blogposts auch für sich selbst schreibt, sozusagen als Gedankenstütze für diesen Gedanken oder jenes Argument.
Mir geht es um die Erfahrung, selbst zu bloggen: Wie fühlt es sich an, eigene Texte ins Netz zu stellen?
Ich beobachte mich selbst bei dieser digitalen Schreibpraxis und führe darüber ein autoethnografisches Tagebuch (offline, ganz privat;), das ich später auswerten werde.
Bei der feministischen Sommeruni 2018 erzählte eine* Bloggerin: „Und dann hab ich den Blog erstellt und alle eingeladen, mich dort zu besuchen – und dann kam keiner. Das war ganz schön frustig.“
Was passiert da mit mir und auf dem Blog, wenn ich einen Text poste und dann Reaktionen darauf bekomme – oder auch keine Reaktionen…? Ich habe bisher gefühlt 50 Spam-Kommentare gelöscht. Wenn ich nachzähle, komme ich auf 32. Das finde ich nicht so schlimm. Immerhin sind keine Hasskommentare dabei.
Als ich dann aber vor ein paar Tagen per Email eine erste reale, interessierte und freundliche Reaktion auf den Blog bekam, hab ich mich SEHR gefreut. Und ich hab den Blog der besagten Bloggerin sehr gerne in meinen Blogroll aufgenommen. Denn darum geht’s mir ja auch: auf die diversen feministischen Blogs zu verlinken, diese Infos mit euch zu teilen und mir damit zugleich einen Überblick über die feministische Blogosphäre(n) zu verschaffen.

Perspektivisch würde ich hier natürlich auch gern in einen Austausch mit euch treten. Mein „großes Vorbild“ ist da zum Beispiel Sara Ahmed, die parallel zu ihren Forschungsvorhaben bloggt und die die Online-Dialoge mit ihren Leserinnen auch in ihre Forschung einfließen lässt. Ihren (englischsprachigen) Blog www.feministkilljoys.com kann ich sehr empfehlen. Darin geht es u.a. um die Figur der feministischen Spaßverderberin (feminist killjoy) und um die Frage, was es heißt bzw. heißen kann, ein feministisches Leben zu leben. Aktuell beschäftigt sie sich mit Beschwerden, z.B. im Kontext von Anti-Diskriminierungs-, Gleichstellungs- und Diversity Arbeit – auf dem Blog finden sich sehr spannende Posts, u.a. der Vortrag „Refusal, Resignation and Complaint“, den sie im Juni 2018 beim Symposium „Colonial Repercussions“ in der Akademie der Künste, Berlin, gehalten hat.

Okay, mal schau‘n, wie mein Blog sich weiter entwickelt. Ich will in jedem Fall regelmäßiger bloggen. Und ich sollte vor allem wohl auch mal online mit anderen Bloggerinnen, (also mit einigen von euch;) in Kontakt treten… Davor scheue ich noch zurück. Warum eigentlich? Vielleicht bin ich (noch) zu schüchtern? Außerdem frage ich mich: Will ich diesen Austausch denn öffentlich? Für alle zum Mitlesen?

… Jetzt habe ich gerade drei Minuten inne gehalten und nachgedacht. Dabei habe ich diese Antwort an mich selbst in mir selbst gefunden bzw. ich bringe sie jetzt gerade schreibend hier hervor: Okay, du scheust dich davor und es ist dir unheimlich. Aber da bist du nicht allein, das geht vielen anderen auch so. Und die tun es trotzdem. Es ist Teil der Übung, Teil des Spiels, Teil des digitalisierten Lebens. Und eine neue Möglichkeit, die du bisher so nicht hattest.
Du? Ich.
Ja, ich werde es ausprobieren. In diesen Tagen. Und euch berichten. Oder vielleicht sehen bzw. schreiben wir uns ja auch hier: unten, in der Kommentarspalte. Würde mich freuen;)!

Unbezahlte Arbeit, die dein Leben und die Gesellschaft auf den Kopf stellt?

Was heißt es, feministisch zu bloggen? Vor welche Herausforderungen stellt es dich? Wann und warum macht es dir Spaß? Und was kann es – privat und politisch – bewirken? Dies sind einige der Fragen, die sich hier im Blog und im Projekt „feministisch bloggen“ stellen.
Feministische Blogger_innen reflektieren über die Praxis des Bloggens und formulieren vielfältige Antworten auf diese Fragen. Im April 2017 schrieb beispielsweise Melanie von femgeeks:
„Ein feministisches Blog zu betreiben ist (unbezahlte) Arbeit, auch wenn es sich nicht durchgehend so anfühlt.“
In ihrem Blogpost fragt sie „Was ist los mit den feministischen Blogs“ und erklärt sich die Stagnation in ihrem eigenen Bloggen und auch auf anderen Blogs unter anderem damit, dass nicht in jeder Lebensphase die überschüssige Energie da ist, um in der Freizeit Blogposts zu schreiben. Und wenn dann noch Hasskommentare auf dem Blog eingehen, die eigenen Posts aber ansonsten im schnellen und unüberschaubaren Internet untergehen, weil die Würdigung durch andere ausbleibt, … wenn die Ernüchterung angesichts der Kontroversen und Konflikte in „der“ feministischen Blogosphäre (bzw. Szene bzw. Bewegung) einsetzt … und wenn andere Dinge im Leben gerade wichtiger (und motivierender) sind, dann kann das Bloggen schon mal nachlassen …
Aber, wie Lucie von KleinerDrei schreibt:
„Blogs werden ja immer wieder totgesagt, aber ich bin da optimistisch. Ob nun in Blogs oder Online-Magazinen oder Podcasts, ich kann es euch nur dringend empfehlen, sich zusammenzufinden und im Internet die Dinge und Themen zu teilen, die euch am Herzen liegen. IT COULD CHANGE YOUR LIFE!“
Sie schreibt dies und verabschiedet sich damit gleichzeitig von KleinerDrei, die (aus nachvollziehbaren Gründen, aber LEIDER!) im letzten Dezember ihren „Betrieb“ eingestellt haben. Hier könnt ihr die Abschiedsworte der Blogger_innen von KleinerDrei nachlesen und darin einiges darüber erfahren, inwiefern feministisches Bloggen glücklich machen und das Leben verändern kann.
Was es auf gesellschaftlicher Ebene bewirken kann, das resümiert Anne Wiezorek, Gründerin von KleinerDrei und (Mit-)Initiatorin von #aufschrei und #ausnahmslos in ihrem AbschiedsPost:
„Außerdem hat sich die deutsche Medienlandschaft in den letzten fünf Jahren noch mal einschneidend verändert was Feminismus angeht. Die Orte, an denen feministisch und über feministische Themen geschrieben wird, sowie die Autor_innen die das tun, sind immer noch nicht genug, aber doch zahlreicher geworden. Das ist wirklich richtig gut und auch wir haben hier schließlich unseren Teil zu dieser Entwicklung beigetragen.“
Vielen Dank dafür, liebe KleinerDreis und toi toi toi für eure neuen Projekte und weiteren Wege!
Wie zum Beispiel die Mädchenmannschaft die Wirkung ihres Gemeinschaftsblogs einschätzt und wie sie (im Oktober 2017 zum 10-jährigen Bestehen des Blogs) über feministisches Bloggen reflektieren, könnt ihr hier nachlesen und nachhören.
So wie die Mädchenmannschaft, femgeeks und Melanie bloggen noch viele andere Blogger_innen (zum Glück) fröhlich und feministisch weiter … und apropos „unbezahlte Arbeit“ – vielleicht sehen wir uns auf einer der vielen Aktionen zum internationalen Frauen*kampftag am 8. März, wenn wir (gemeinsam mit vielen Anderen, weltweit) bezahlte und unbezahlte Arbeit bestreiken. Oder was machst du am 8. März? #ichstreike